Occupy Rothschild Boulevard, 2011

von Rachel Sur

Übersetzung von Ellen Wesemüller

Es begann mit einem einzigen Zelt. Eine Filmstudentin Mitte zwanzig erklärte den Rothschild Boulevard zu ihrem zu Hause, nachdem die jüngste Mieterhöhung sie aus ihrer Tel Aviver Wohnung gejagt hatte. Den Boulevard säumen Bäume und Bauhaus-Architektur, Bars und Banken, Restaurants und Mietshäuser; sein breiter Mittelstreifen beherbergt Fahrradwege und Bänke, Straßencafés und ein paar winzige Hundespielplätze. Dort ließ sie ihr Notdach aus Nylon fallen, zwischen den Bäumen und Fahrrädern und vielen Fußgängern. Sie stellte ein Schild auf: „Wenn ich ein Rothschild wäre ...“, und spielte damit auf den berühmten französischen Baron und Bänker an, dessen Name nun ihre neue Adresse war. Ihr Name war Daphne Leef. Ihr Anliegen: Die steigenden Mieten in Israel, die das Leben der bürgerlichen Mittelschicht untergruben. Bald schlossen sich ihr ein paar Freunde an. Diese brachten weitere Freunde mit. Die Medien fanden das niedlich und kurios und porträtierten sie alle in einem kurzen Beitrag, nachdem sie über ernste Angelegenheiten berichtet hatten, wie Politik und Verteidigung und das Wetter.

Es war im Sommer 2011, dem Sommer nach dem Frühling. Jenem Frühling, in dem die Tyrannen in der arabischen Welt begannen, von ihren hohen, robusten Thronen zu stürzen. Sie wurden gestürzt, einer nach dem anderen, durch die schiere Wut ihrer Untertanen. Die jungen Menschen gingen auf die Straße, versammelten sich auf öffentlichen Plätzen, unweit von Tel Aviv, und entzündeten einen Funken, der auf den ganzen Mittleren Osten übersprang. Wir Israelis sahen ihnen mit großen Augen und offenen Mündern vor unseren Bildschirmen zu. Die Araber waren wütend – und zur Abwechslung einmal nicht auf uns.

Sie machten uns Angst. Vor allem, weil wir die Folgen fürchteten. Wir hatten über die Jahre gelernt, dass in diesem Teil der Welt das Schlechte immer von etwas viel, viel Schlechteren überboten werden konnte, besonders, wenn es um die Herrschaftssysteme unserer Nachbarn ging. Trotzdem konnten wir mit diesen Männern und Frauen mitfühlen, die sich anzündeten, die zusammenstanden im Ungehorsam gegenüber ihren Regierungen, gegenüber ihren Armeen, die zu den brutalsten der Welt gehörten. Trotz unserer Sorgen und unseres wohlverdienten Zynismus bewegten sie uns. Schockierten und beeindruckten uns. Sie hatten in diesem Jahr etwas in der Luft über dem Mittleren Osten verändert. Dieses Etwas. Dieses mysteriöse, unförmige Etwas, das Wissenschaftler noch hundert Jahre versuchen werden, zu dechiffrieren und feinsäuberlich in Theorie einzupassen. Dieser unbeugsame, naive Wille, der ganze Staaten verwandelte und sich von Ost nach West ausbreitete, unsichtbar und ansteckend.

Und obwohl wir Israelis Experten darin sind, uns innerlich von der Region, in der wir leben, zu distanzieren, drang dieses Etwas in uns ein. Stanzte ein kleines Loch in unseren chronisch komatösen Zustand. Es schien, dass auch unsere geografische Verleugnung Grenzen hatte. Denn dies war noch immer unsere Luft. Noch immer unsere Nachbarschaft. Unser verdammter Mittlerer Osten.

Und dann passierte etwas Einschneidendes. Auch wir fingen an, auf der Straße zu rufen. Innerhalb weniger Tage schlossen sich Daphne auf dem Rothschild Boulevard hunderte von Menschen an. Bald sprossen in der ganzen Stadt tausende von Zelten aus dem Boden. In einem Land, in dem Schreien oft Reden ersetzt, in dem Reden verbreiteter ist als Zuhören und in dem Reality-TV zuletzt beides übertönt hatte – fing plötzlich eine riesige Unterhaltung an. Und zur Abwechslung ging es einmal nicht um Krieg. Es ging nicht um Frieden. Es ging um die erdrückenden Mietpreise, die steigenden Lebensmittelpreise, das Fehlen bezahlbarer Kinderbetreuung, die sich weiter öffnende Einkommensschere, das allmähliche Abwürgen der bürgerlichen Mittelschicht unseres Landes. Der kleine Studentenprotest gegen Mietpreise entfachte eine landesweite Debatte über dutzende Themen, die alle irgendwie zusammenhingen. Es sah so aus, als ob wir über die vergangenen paar Jahrzehnte, während wir damit beschäftigt waren, Grenzen zu verteidigen und uns über den Terror aufzuregen, vergessen hatten zu bemerken, dass unsere soziale Demokratie privatisiert und verkauft worden war.

Unsere Geschichte aber hatte anders aussehen sollen – unsere Großmütter und Großväter waren Idealisten gewesen, die in Kommunen lebten. Ihre Kinder und Enkel aber hatten sich mit einer amerikanischen Krankheit angesteckt, mit dem religiösen Eifer nach Konsum, und so hatten wir unseren kollektiven Lebensstil gegen Billigimporte eingetauscht. In unserer Sehnsucht danach, Amerika zu werden, hatten wir den einst schmalen Spalt zwischen arm und reich so ausgeweitet, dass der Einkommensunterschied nun einer der größten unter den Industrieländern war. Wir wurden von der Begeisterung über unser robustes Wirtschaftswachstum geblendet, das uns ein wenig über unsere endlosen Stammeskriege hinweg tröstete. Wachstum und Sicherheit standen nun ganz oben auf der nationalen Prioritätenliste, während der Idealismus, der unseren Staat geschaffen hatte, als zu unpraktisch für den Überlebensmodus galt. Wir blieben stumm und schluckten die Konsequenzen – solches ist der Preis des Fortschritts, wurde uns gesagt.

Stumm, bis eine Handvoll Kinder in Zelten es schaffte, uns aus unserer Benommenheit aufzuwecken. Sie hielten einen Spiegel hoch, in dem sich das ganze Land sehen konnte, und zwangen uns, mit Unbehagen auf das zu starren, was aus uns geworden war. Und so rissen wir uns langsam von unseren betäubenden Flachbildschirmen und unserer klimatisierten Behaglichkeit los und versammelten uns draußen. Wir erinnerten uns vage daran, dass wir das früher öfter getan hatten, ehe wir durch Hightech reich und durch Terror taub geworden waren, ehe uns eine hässliche Besetzung definierte. Wir hatten irgendwo gelesen, dass wir einst stolze Idealisten gewesen waren. Plötzlich war es nicht nur legitim, über andere Dinge als die nationale Sicherheit zu reden – es war dringend notwendig.

Plötzlich wurde der Blick nach innen zu einer landesweiten Obsession, die jede Schlagzeile in diesem kleinen, mediengesättigten Staat dominierte. Die Nachrichtenkanäle des Landes sympathisierten weitgehend mit der Bewegung und machten es sich zur Aufgabe, die Fragen, die nun in aller Munde waren, zu entwirren. Die wachsende Mängelliste, die die Bewegung erstellte, musste schon über Schlagworte und Symbole hinausweisen – sonst hätte man alle Forderungen als Klassenkampf-Klischees abgetan, als Relikte aus einer anderen Zeit.

Unsere Journalisten halfen, die Sprache der Bewegung aus einem Meer wütender Tiraden und leerer Slogans zu retten. Sie glaubten, dass Informationen in diesem Kampf ausschlaggebend wären, dass wir die Mechanismen, die unseren neuen Lebensstil formten, durchschauen und beim Namen nennen müssten. Sie recherchierten, übersetzten Politiker-Jargon, bereiteten Studien in mundgerechten Nachrichten-Häppchen auf. Innerhalb weniger Wochen wurde die sensationslustige Debatte über den Rothschild Boulevard sachlich. Krieg und Promis wurden auf die hinteren Seiten verbannt, während soziale und wirtschaftspolitische Fragen – diese trockenen Themen voller Zahlen, die gewöhnlich Akademikern überlassen werden – ins Scheinwerferlicht rückten. Wir lasen, sahen und hörten die Nachrichten und erfuhren so, dass unsere Lebenshaltungskosten zu den höchsten der Welt zählten, und dass die Zahlen für unseren sozialen Wohnungsbau pro Kopf die niedrigsten der Welt waren. Wir erfuhren, dass die Tarife unserer Mobilfunkanbieter von einem Preiskartell festgelegt werden, und dass, weil die Regierung Teile unseres Gesundheitswesens privatisiert, die Ärmeren unter uns kränker werden als die Reichen. Wir entdeckten, dass sich unsere Regierung den Immobilienunternehmen andient, statt die Wohnungsnot zu lösen; dass unsere Wirtschaftsexperten jahrelang über Korruption und Wettbewerbsverzerrungen geschimpft hatten – größtenteils ins Leere hinein. Wir erfuhren, dass es viel schwerer geworden war, ein Haus zu besitzen und eine Familie zu ernähren, obwohl unsere Einkommen über die vergangenen paar Jahrzehnte gestiegen waren; dass wir, obwohl wir mehr besaßen als jemals zuvor, einen Großteil unserer Bevölkerung in eine Armut gestürzt hatten, die wir noch nicht kannten – und wir hatten Zahlen und Fakten, um all dies zu belegen.

Für Isrealis ist die schreiende Ungerechtigkeit, die der Kapitalismus amerikanischen Stils zwangsläufig mit sich bringt, grundsätzlich nicht zu akzeptieren. Vielleicht liegt das an den Überresten der alten sozialistischen Ideale früherer Generationen. Vielleicht braucht man – wenn man in einem Staat lebt, der einem so viel abverlangt, der von einem erwartet, die besten Jahre seines Lebens der Armee hinzugeben—einen Staat, der auch etwas zurückgibt. Das neoliberale System – und die extremen ökonomischen Unterschiede, das es nährt – zerrüttet die unentbehrliche Einheit eines Landes, das so viele gemeinschaftliche Opfer verlangt. In einem Land, in dem fast jede Familie von einer Tragödie heimgesucht wurde, in dem Tod und Krieg bei Armen und Reichen gleichermaßen Narben hinterlassen haben, machte diese massive Ungleichheit wütend. Nichts von alledem war neu – wir waren nur so lange abgelenkt gewesen mit unserem ganzen Shopping, unseren Kriegen.

Die Sache auf dem Rothschild Boulevard hatte schnell einen Namen: „Soziale Gerechtigkeit“ oder auch „J14“, für den 14. Juli, Daphnes erst Nacht im Zelt. Sie hatte eine Parole: „Die Bevölkerung verlangt soziale Gerechtigkeit“, gerufen mit der Melodie, die von den Demonstranten auf dem Tahir-Platz in Kairo verbreitet worden war, eine Hommage an unsere mutigen Nachbarn im Osten, die nur einige Monate zuvor einen Diktatoren gestürzt hatten. Innerhalb weniger Wochen hatte die Bewegung die Unterstützung von mehr als zwei Dritteln der Bevölkerung. Sie war viel zu groß geworden, als dass Daphne und ihre Freunde sie alleine bewältigen konnten. Also baten sie um Hilfe, um Freiwillige jeder Art, und die Öffentlichkeit reagierte. Computerprofis übernahmen die Webseite, Fundraiser sammelten Spenden, Werber sowie Presse- und Öffentlichkeitsarbeiter promoteten die Bewegung. Organisatoren kümmerten sich um die Logistik der groß angelegten Demos, Anwälte kämpften um Demonstrationsgenehmigungen, Berater entwickelten Strategien. Viele Menschen brachten Möbel und Essen oder Werkzeugkästen von zu Hause, um eine Infrastruktur für die Zeltstadt zu bauen. Akademiker und Politikexperten schrieben so schnell sie konnten, um den Führern der Bewegung zu helfen, eine Liste von Forderungen zu erstellen, Reformvorschläge für Bildung und Wohnen, Gesundheitswesen und Kinderbetreuung. Aus dem Volkszorn der Straße entwickelten sie realistische Ziele, konkret und erreichbar.

Unter der erbarmungslosen Hitze des Mittleren Ostens strömten Tausende aus dem ganzen Land auf den Rothschild Boulevard, um das Spektakel zu sehen – eine Mischung aus Demo, Woodstook und indischer Mela. Sie kamen aus Haifa und Jerusalem, aus den Vororten und der Wüste. Alt und jung, konservativ und liberal, mit und ohne Ausbildung. Sie brachten ihre Freunde mit, ihre Kinder, ihre Eltern, ihre Haustiere und manchmal auch ihre Zelte. Es gab Essen und Kaffee und Dixiklos und Schischas. Es gab Trommelgruppen und Folksänger mit Gitarren. Generatoren lieferten den Strom für Verstärker und Open Mikes, batteriebetriebene Laptops zeigten Dokumentarfilme über die Krise des Kapitalismus für Zuschauer jeden Alters. Manche schauten begeistert auf dreckigen Böden zu, andere gingen nach wenigen Augenblicken weiter, eilten die Straße hinunter zum nächsten Stand. Jede Querstraße hatte einen Loungebereich mit alten Matratzen, Sofas, Polstersesseln und Strohmatten. Der Stundenplan für Veranstaltungen auf der Webseite der Bewegung wurde täglich mit Google-Kalender aktualisiert. Flugblätter und Poster wurden an Bäume und Zelte geheftet. Auf einem der Poster waren Fotos der Oligarchen zu sehen, die die Mehrheit des Reichtums im Land kontrollieren, daneben eine Liste mit den Firmen, die ihnen gehören. Die Firmennamen standen auf all unseren Rechnungen – für Lebensmittel, Kommunikation, Transport, Nebenkosten, Versicherungen – und bewiesen den Passanten, dass der Großteil unseres Lohns in die Taschen einiger weniger Familien floss. Bald gab es Zelte in jeder Großstadt und in mehreren Kleinstädten.

Die Samstagabende waren Kundgebungen vorbehalten, die jedes Mal Tausende, manchmal Zehn- und Hunderttausende anzogen. Am 6. August 2011, nur drei Wochen, nachdem das erste Zelt auf dem Rothschild Boulevard aufgeschlagen worden war, gingen fast acht Prozent der israelischen Bevölkerung auf die Straßen in Tel Aviv und anderen Städten. So viele Israelis waren noch nie an einem einzigen Abend auf die Straße gegangen, um gegen irgendetwas zu protestieren – es waren etwa 430.000 Menschen, mehr als auf den Großdemonstrationen der 90er, als der Osloer Friedensprozess das Land bitterlich spaltete. Größer als die Massendemonstrationen, die Spanien erfassten – einem Land mit sechs mal so vielen Einwohnern. Zahlenmäßig kleinere Proteste hatten nebenan gerade mehrere Autokraten gestürzt. Dies war eins der eindrucksvollsten Bekundungen von gewaltfreiem Widerstand unserer Zeit, keine Regierung konnte sich erlauben, sie zu ignorieren.

Unter steigendem Druck ernannte Premierminister Netanyahu eine unabhängige Kommission, um die Demonstranten zu beschwichtigen. Der Vorsitzende der Kommission war Manuel Trajtenberg, ehemaliger Wirtschaftsberater des Premierministers und Professor für Wirtschaftswissenschaft, der in Harvard promoviert hatte. Die Aufgabe der Kommission war es, die israelische Wirtschaft zu evaluieren und Reformen zu empfehlen, die beides entschärfen würden: die Einkommensungleichheit und die steigenden Lebenserhaltungskosten – und zwar schnell. Um die Protestbewegung in diesen Prozess mit einzubeziehen, lud die Kommission zwanzig Aktivisten zur Aussprache ein. Doch während Trajtenberg und seine Kollegen zügig hinter geschlossenen Regierungstüren arbeiteten, wuchs die Bewegung draußen immer weiter an. Wir lasen die Zeitung und diskutierten mit Freunden. Auf dem Weg zur Arbeit hörten wir die Nachrichtensender im Radio. An den Wochenenden gingen wir auf Kundgebungen.

Wir kehrten immer wieder auf den Rothschild Boulevard zurück, das pochende Herz der Bewegung, Tausende kamen jede Woche, meist abends, wenn es noch heiß und schwül war, obwohl die Sonne schon untergegangen war. Wir saßen auf den Bürgersteigen, während uns der Schweiß hinunterlief und hörten Rednern zu, die Worte wie „soziale Gerechtigkeit“ und „Umverteilung des Vermögens“ gebrauchten. Worte, an die unsere Großeltern geglaubt, die unsere Eltern aber beiseite geschoben hatten. Worte, die unsere Generation – bis zu diesem Sommer, jedenfalls – kaum laut ausgesprochen hatte.

Auf dem Rothschild Boulevard gab es fast jeden Abend Vorträge und Treffen. Einmal sprachen führende Akademiker aus den USA und Europa per Skype über städtische Wohnungsbauprogramme für unterschiedliche Einkommen. Ihre Gesichter wurden auf eine provisorische, weiße Leinwand projiziert. Ein anderes Mal saß der ehemalige Generaldirektor des Finanzministeriums in einem staubigen, schwarzen Ledersessel vor uns. Er hielt einen detaillierten Vortrag über die spezifischen Änderungen, die angesichts der hohen Ausgaben für Verteidigung und öffentlichen Dienst in Israels Staatshaushalt möglich seien –irgendwo muss das Geld für soziale Gerechtigkeit schließlich herkommen. Wir saßen im Schneidersitz auf dem Boden, standen unter den Bäumen, hörten zu, stellten Fragen, meldeten uns und ließen uns gegenseitig zu Wort kommen. Wir kritisierten die Reformen der 90er, die die Einkommensunterschiede verschärft hatten. Er verteidigte die Veränderungen, gab aber rückblickend Punkte zu, an denen Dinge schiefgelaufen waren. Moderatoren begleiteten das emotionsgeladene Publikum und schritten ein, wenn wütende Ausbrüche drohten, die Diskussion ins Destruktive zu kippen – etwas, das wir nur all zu gut kannten. Die Organisatoren der Bewegung hatten ein Vokabular aus Handzeichen entwickelt, eine Art Zeichensprache, mit der wir uns ohne Schreien verständigen konnten. Wir schluckten unseren Zynismus und versuchten ungelenk, diesen neuen Dialekt der Region zu sprechen.

Der Sommer neigte sich dem Ende zu, bald kam der Oktober. Die Trajtenberg-Kommission hatte ihre Arbeit beendet und dem Parlament in der letzten September-Woche einen Abschlussbericht überreicht. Ihre Empfehlungen beeindruckten selbst die schärfsten Kritiker; der Premierminister schwor, dass es baldige Veränderungen geben würde. Professor Trajtenberg wandte sich mit folgendem Versprechen an die Demonstranten: „Die Regierung kann diesen Bericht nicht vergraben – die Protestbewegung ist zu stark.“ Geschubst von der Polizei packten wir unsere Zelte und gingen nach Hause.

Der Winter nahte. Dann ein neuer Frühling und Sommer, weniger hoffnungsvoll als im Jahr zuvor. Die Araber erlebten den Katzenjammer der Revolution. Ihre Aufgabenliste war lang – Regierungen mussten gewählt, Institutionen gegründet, Ordnung wiederhergestellt werden. Wir in Israel hatten Berichte und Versprechen und die gleiche Regierung wie zuvor. Bald folgten Terror in der Negev-Wüste, ein Bombenanschlag in Bulgarien, die Machtübernahme der Muslimbruderschaft im benachbarten Ägypten, gegenüber ein Iran mit atomaren Ambitionen – überall genug Angst, um sich zurückzuziehen und zu Hause zu bleiben. Als die Araber anfingen, um die neuen Machtvakuen zu kämpfen, machten wir uns langsam für die nächste Kriegsrunde bereit.